Während sich die Aufmerksamkeitsspanne einiger Zeitgenossen auf immer weniger Worte verkürzt, sollten diese um so wohler gesetzt werden. Schon Zarathustras monotheistische Philosophie basierte auf den drei Grundsätzen „Gut Denken, Gut Reden und Gut Handeln“. Nach diesem sind gerechte Entscheidungen überhaupt nur in gerechter Sprache denkbar, in einer solchen wollen sie gefasst sein, wie auch erwogen worden sein. Ungerechtigkeiten wie z. B. rassistische Diskriminierungen schleichen sich oft unbemerkt ein.
So ist schon die Benutzung des Wortes ‚fair‚ selbst unfair, zumindest gegenüber PoCs und dieser Satz selbst übrigens auch, weil er das Wort ‚un-fair‘ enthält. ‚Fair‘ wurde mit seiner ursprünglichen Bedeutung ‚hell‘ zur Ausgrenzung und gezielten Diskriminierung dunkelhäutiger Menschen eingeführt. PoC wiederum ist die Abkürzung der von vielen Betroffenen gewählten Selbstbezeichnung ‚People of Colour‘, welche im Gegensatz zum bloßen ‚coloured‘ das Menschsein betont.
Das Wort ‚Fluchtursache‚:
Katastrophen haben an Naturgesetzen feststellbare Ursachen. Fluchten hingegen sind das Resultat – meist nicht einfach gemachter – Fluchtentscheidungen. Entscheidungen sind – insbesondere im gerichtlichen Sprachgebrauch – entweder gut begründet, oder nicht begründet. Eine schlechte Begründung ist schlicht keine (wirktaugliche) Begründung. Das Wort ‚Fluchtursache‘ ist außerdem eine Feigheit, denn es grenzt die für die Betroffenen unverzichtbare Bewertung der Lage einfach aus. Mit entsprechend wenig Empathie werden die geflüchteten Menschen behandelt, verladen und verschoben.
Bei Gericht üblich sind weitere ungerechte Begrifflichkeiten:
- Gesuche, welche Parteien an Gerichte richten und die Bitte zum Inhalt haben, dass das Gericht den von der Partei getroffenen Entschluss der Ablehnung bestimmter Richter nachvollziehen möge, werden selbst vom Gesetz (§ 44 ZPO) ‚Ablehnungsgesuch‘ genannt – als ob man um die Erlaubnis der eigenen Meinung noch einen anderen bitten müsste. Die gerechte Bezeichnung könnte ‚Ablehnungsentsprechungsgesuch‘ lauten.
- Rechtsbehelfsbelehrungen enthalten nicht selten das Nachwort ‚unanfechtbar‚. Dieses verwirrt selbst Richter derart, dass sie glauben, die betreffende Entscheidung sei tatsächlich in keiner Weise anfechtbar.
Andererseits wird das Argument der gerechten Sprache auch gern für das Gegenteil missbraucht, wie kla.tv am Beispiel von HATE SPEECH herausstellt.
